Interview Die Pflanzenliebhaberin - Hildegard Aufricht

Gartenlust und Weinpassion.
Kräuter- und Blumengarten sind zu einer Symbiose zusammengewachsen. Umgeben von Weinreben blicken sie dem See entgegen. Hildegard Aufricht ist von Dankbarkeit erfüllt, wenn sie Zeit inmitten ihrer Pflanzen verbringen kann.

Schon als Kind spürte Hildegard einen engen Bezug zur Botanik. Sie hatte das Glück, mitten in der Natur aufzuwachsen und neben wundervollen Naturbeobachtungen hat sie das bewusste Erleben der Jahreszeiten stets sehr tief berührt. Das Leben auf dem Weingut erfüllt sie auch deshalb mit großer Freude, da sie hier auch weiterhin diesen engen Bezug zur Natur leben kann. Ihr kommt oft der Spruch von Karl Foerster in den Sinn: „Tröste mich, ich bin so glücklich.“
Sie versucht, ihre Liebe zu Pflanzen weiterzugeben, indem sie den Verkaufs- oder Veranstaltungsraum dekoriert oder in ihrem Haus immer wieder neue Lichtblicke mit Blumen- und Kräuterarrangements schafft. Dabei läßt sie sich von ihrem Gefühl leiten und ist überzeugt davon, dass das tiefe Wahrnehmen von Naturerlebnissen im Kindesalter der Grundstein für ihre jetzige Kreativität war.

„Meine Passion für Blumen und Kräuter lässt sich sehr gut mit unserer Arbeit auf dem Weingut verknüpfen, da es eine jahrhundertelange Tradition zwischen Kräutern und Wein gibt, deren wohltuenden und geschmacklichen Bereicherungen leider allzu oft in Vergessenheit geraten. Bereits meine Namensvetterin, die heilige Hildegard von Bingen, wusste um diese wertvollen Verbindungen.“ Hildegard von Bingen gilt als bedeutendste Wegbereiterin der Klosterheilkunde und betonte immer wieder die Heilkräfte der Natur. „Meine Mutter hat sich bereits mit der Medizin der Heiligen Hildegard beschäftigt, so dass ich früh in Kontakt damit kam. Mich fasziniert die ganzheitliche Sicht, die Hildegard von Bingen schon zur damaligen Zeit hatte. Sie betrachtete immer den ganzen Menschen und verstand ihn als Einheit von Körper und Seele. Aktuell an ihrer Sicht ist unter anderem, dass sie sich für eine maßvolle, ausgewogene Ernährung aussprach und den Pflanzen die wichtigsten Heilkräfte zusprach.“ Auch der Wein hatte eine große Bedeutung bei Hildegard von Bingen, sie schrieb der Weinrebe aufgrund ihrer „feurigen Wärme“ eine anregende Wirkung auf den menschlichen Organismus zu.

Ebenso wie Kräuter verleiht Wein einem Gericht eine besondere Note. Es gibt dienende Weine, die begleiten das Essen im Stillen oder die etwas vorlauteren Weine, die nochmals alle Aromen aus einem Gericht kitzeln und es zum Hochgenuss werden lassen. Genauso verhält es sich mit Kräutern. Vieles muss man für sich selbst ausprobieren und kann dabei immer wieder gelungene Symbiosen und wunderbare Ergänzungen entdecken. Kräuter wie Rosmarin und Oregano beispielweise lösen herzhafte Assoziationen aus und damit bei den meisten eher Gedanken an Rotwein. Aber auch ein kräftiger Weißwein passt ausgezeichnet zu diesen Kräutern.

Bei der Arbeit in ihrem Garten ist sie zunächst von Dankbarkeit erfüllt. Dazu kommt das Gefühl der Beständigkeit. Da jedes Kraut am selben Platz steht, begleiten sie der Estragon, die Calendula und die Minze von Jahr zu Jahr. Auch der Duft des Gartens, der mit den Jahreszeiten wechselt, zeigt Ihr den Gartenkalender durch die Nase. Ihr Lieblingskraut in ihrem Garten ist der Salbei, da er sich stets in seinem schönen Silberkleid präsentiert. Der Mönch Walahfrid Strabo von der Insel Reichenau schrieb in Demut vor dieser Pflanze: „Warum stirbt denn überhaupt der Mensch, dem Salbei im Garten wächst.“ Jedes noch so einfache Gericht lässt sich mit Gartenkräutern kreativ aufwerten, wobei man die einzelnen Geschmacksnuancen hervorheben kann. Zusammen mit dem passenden Wein lässt sich so eine wahre Natursymbiose zaubern, die uns gut tut und darüber hinaus auch die Seele erfreut.